Beiträge zur Landesgeschichte Mecklenburgs

Die Rubrik Beiträge zur Landesgeschichte Mecklenburgs wird sich mit verschiedenen historischen Themen zur Landesgeschichte Mecklenburgs befassen. Hierbei liegt der Fokus insbesondere auf West-Mecklenburg.

Judentum in West-Mecklenburg

2021 feiern wir in Deutschland unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland. Juden und Jüdinnen haben in den vergangenen Jahrhunderten auch in Mecklenburg in den Städten und kleineren Orten wie Zarrentin gelebt, gearbeitet und Familien gegründet. In Zarrentin lebte zum Beispiel Ende des 19. Jahrhunderts eine Familie Franz.

1945 gab es kein jüdisches Leben mehr in Mecklenburg. Nur wenige Jüdinnen und Juden überlebten die Vernichtungspolitik des nationalsozialistischen Deutschland. Die meisten hatten das Land verlassen oder waren ermordet worden. Heute gehört jüdisches Leben wieder zu Mecklenburg-Vorpommern und auf dieses wird in 2021 durch zahlreiche Feierlichkeiten, Konzerte, Lesungen und Ausstellungen verwiesen.

Michael Buddrus und Sigrid Fritzlar haben die Lebensgeschichten von rund 7.200 Jüdinnen und Juden in Mecklenburg seit 1845 bis 1945 recherchiert und in zwei Bänden in "Juden in Mecklenburg 1845-1945. Lebenswege und Schicksale. Ein Gedenkbuch" 2019 veröffentlicht. Das Buch dient uns als Grundlage, um nochmal genauer die jüdischen Gemeinden rundum Zarrentin zwischen 1845-1945 vorzustellen. Einen besonderen Blick werfen wir auf Wittenburg und Hagenow,

 

Hagenow

Die ersten jüdischen Einwohner wurden ab 1756 in Hagenow ansässig. Von da an wuchs die Gemeinde zwischen 1800 und 1942 in ihren Hochzeiten 1825 und 1840 auf bis zu 81 Juden an. Zunächst existierte nur eine Betkammer bis die jüdischen Bewohner 1828 eine Synagoge als Fachwerkhaus im Hinterhof der Hagenstraße 48 erbauten und am 15. August 1828 feierlich einweihten.

Bereits seit 1806 gab es einen mit herzoglicher Genehmigung angelegten Friedhof. Auf dem Gelände haben insgesamt etwas 120 Hagenower Gemeindemitglieder ihre letzte Ruhe gefunden. In der Pogromnacht 9./10. November 1938 wurde der Begräbnisplatz geschändet. Nach 1945 wurde er mit der Zustimmung der jüdischen Gemeinde in Schwerin eingeebnet.

Im Juli 1864 erhielt die Hagenower jüdische Gemeinde eine landesherrlich verordnete Gemeindeordnung. Jedoch war bereits seit 1845 die Zahl der jüdischen Gemeindemitglieder kontinuierlich von 71 auf 1871 52, 1880 32 und 1900 18 Einwohner zurückgegangen. Im Mai 1874 hatte sich ein Teil der Juden aus Lübtheen der Gemeinde angeschlossen. Da die Zahlen jedoch weiter sanken, sollte bereits 1922 nach Abstimmung zwischen der Landesregierung, der Israelischen Landesgemeinde und dem Landesrabbiner die Gemeinde wegen zu geringer Mitgliederzahl aufgelöst werden. 1922 gab es in Hagenow nur noch vier Hausstände mit fünf Frauen und sechs Männern. Die Gemeindemitglieder legten dagegen aber ihr Veto bei der Landesregierung ein. Die Einwohnerzahl sank aber weiter bis 1925 auf 13,1933 auf elf und 1942 auf vier Bewohner. 1941 erfolgte die Eingliederung der jüdischen Gemeinde in die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland.

Das Synagogengebäude überstand die Pogromnacht und den Krieg äußerlich unversehrt und wurde zur DDR-Zeit unter anderem als Lagerraum genutzt. Das heute unter Denkmalschutz stehende Gebäudeensemble hat die Kommune Hagenow 2001 erworben und nach jahrelanger Sanierung 2007 als Kulturzentrum eröffnet. Heute gehört der in dieser Form in mecklenburg-Vorpommern einzigartige Synagogenbau zum Museum für Alltagskultur der Stadt Hagenow. Seit 2010 wird im ehemaligen Schulhaus in einer Dauerausstellung "Spuren jüdischen Lebens in Hagenow und Westmecklenburg" an die jüdische Geschichte erinnert und sogenannte Stolpersteine im Gehweh der Langen Straße in Hagenow erinnern an die dort ehemals lebenden Juden.

 

Wittenburg

Auch in Wittenburg existierte im 18./19. Jahrhundert eine kleine jüdische Gemeinde. Um 1760 wurden die ersten jüdischen Einwohner in der Stadt ansässig. Ihre höchste Personenzahl erreichte die Gemeinde 1850 mit 42 Köpfen; um 1900 sollen es dann nur noch acht Gemeindeangehörige gewesen sein.

Eine Besonderheit gab es in dieser jüdischen Gemeinde in Wittenburg, die seit Juli 1847 über eine vom Großherzog bestätigte Gemeindeordnung verfügte. Denn als erste Gemeinde in Mecklenburg wurde dort im Februar 1848 ein "vollständig deutscher Gottesdienst" eingeführt. 1850 wurde ein Friedhof an der Chaussee nach Lehsen angelegt und 1856 folgte die Errichtung einer Synagoge. Durch immer weniger Gemeindemitglieder wurde etwas ab Mai 1913 keine Gottesdienste mehr abgehalten und es existierte dann auch keine Synagoge mehr.

Nach 1933 lebte nur noch eine dreiköpfige jüdische Familie in Wittenburg.

Seit 2014 erinnern die sogenannten Stolpersteine in der Großen Straße an die jüdischen Familien in Wittenburg.

 

Quellenangaben:

https://www.jüdische-gemeinden.de/index.php/gemeinden/h-j/820-hagenow-mecklenburg-vorpommern (Stand: 02.01.2021)

Buddrus, Michael; Fritzlar, Sigrid - Juden in Mecklenburg 1845-1945 Lebenswege und Schicksale. Ein Gedenkbuch, Band 1, Schwerin 2019, S. 1-3, 213-214, 282-283.

Egon Tschirch - Kurzes Portrait eines bedeutenden Malers Mecklenburgs

Julius Louis Hans Egon Tschirch wurde am 22.06.1889 in Rostock geboren und starb dort am 05.02.1948. Er besuchte mehrere künstlerische Ausbildungsstätten in Berlin und war seit 1918 als freischaffender Künstler tätig. Er schuf figürliche Arbeiten, Bildnisse, Stillleben, Aquarelle und Landschaftsbilder.

In seinen Werken fokussierte sich Tschirch zum einen auf Portraits und zum anderen auf die mecklenburgische Flur (u. a. Fischland, Darß) und ihre Städte. Hierbei sind viele landschaftliche Bildnisse als historische Zeugen im Privatbesitz erhalten. Auf dem Online-Portal Ebay.de findet man einzelne Werke immer wieder mit Beträgen weit über 1.000 EUR.

Seit 1921 wirkte er an den Entwürfen für das Notgeld der mecklenburgischen Städte mit. Das Notgeld hatte oftmals heimatliche Motive, die mit expressiven Einflüssen umgesetzt wurden.

Die Hauptschaffensphase von Egon Tschirch war in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts. In den 30er Jahren konnte er seinen gesellschaftlichen Ruf mit Auftragsarbeiten steigern, allerdings blieb eine künstlerische Weiterentwicklung aus. Sein Stil war in den 30er Jahren der Zeit nach sehr realistisch, einige Werke aus den 20er wurden im Nationalsozialismus als „entartet“ gekennzeichnet.

In der Nachkriegszeit konnte Tschirch die Malerei wieder im Haupterwerb ausüben. Allerdings wurde die Erinnerung an Egon Tschirch in der DDR bewusst vermieden, da er sich im ausgehenden Kaiserreich und im Dritten Reich etabliert hatte. Seit den 90er Jahren wird das Werk von Tschirch in der Kunstwelt wieder verstärkt wahrgenommen.

Quellenangabe: Wochenzeitung - Landkreis Elbeexpress vom 13. Mai 2020, Seite 1


Zur Etymologie von Dörfern, Regionen und Landstrichen in Mecklenburg

Mecklenburg ist durch leichte Anhöhen und entsprechende Täler gekennzeichnet. Diese geografischen Formationen stammen aus der Eiszeit und werden Endmoränen genannt. Die Morphologie der Landschaft findet sich in vielen Bezeichnungen von Orten und Regionen wieder. Nachfolgend will ich auf ein paar regionale Bezeichnungen eingehen.

Im niederdeutschen Sprachgebrauch gibt es das Wort Hügel in der Form nicht. Klassisch wurden erhöhte Regionen als Berg bezeichnet. Hierbei wurde die niederdeutsche Schreibweise teilweise beibehalten. Diese findet sich zum Beispiel in der Gemarkung Vossbarg wieder. Hierbei wird der Wortteil Barg als Barch ausgesprochen.
Kleinere Anhöhen wurden nicht selten auch als Horst (niederdeutsch de Höst) bezeichnet. Als Beispiele können hier Horst bei Boizenburg bzw. Buchhorst bei Goldenbow gelten. Synonym zum Begriff Horst wurde auch die Bezeichnung Hoop eingesetzt. Dieses Wort heißt im niederdeutschen soviel wie Haufen. Als Beispiel ist Ahrenshoop an der Ostsee bzw. Bauckhoop bei Lüttenmark in der Nähe von Zarrentin zu erwähnen. Eine abgewandelte Schreibweise zu Hoop wäre Hövel.
 
Niederungen bzw. Täler wurden hingegen oft als Grund bezeichnet. Nicht alle Täler wurden durch Flüsse gekennzeichnet, um dies jedoch deutlich zu machen, wurde nicht selten ein adjektivisches Bestimmungswort hinzugefügt. Beispiele hierfür wären Kool Grund oder Koll Grund (Kool, Koll = kalt) in Benzin, bei Groß Bengersdorf, in Brahlstorf sowie in Green.

Bei Lassahn gibt es die Bezeichnung Spitzhörn. Horn bzw. Hörn stehen für eine schmale Landzunge im Moor oder in einem Gewässer. In Westmecklenburg hat sich jedoch vorwiegend die Bezeichnung Strangen für schmale Flurstücke durchgesetzt, so zum Beispiel für die Halbinsel Strangen bei Zarrentin bzw. die Strangenwiese bei Vellahn.

Neben Anhöhen und Tiefen wurden Gewässer zum Namensbestandteil von Landstrichen. Hierbei findet sich in Mecklenburg am häufigsten das Wort Soll in Kombination mit einem Bestimmungswort. So zum Beispiel bei Adebors Soll (Storchen-Soll) in Schwartow oder Eckersoll (Eichen-Soll) bei Gallien. Für kleine stehende Gewässer wurde auch die Wörter Pohl, Paul, Pfuhl bzw. Kuhl verwendet. Phonetisch weicht die Bezeichnung Dieck (Teich) hiervon ab, allerdings wurde die heutige Bezeichnung Teich von niederdeutschen Dieck abgeleitet.

Quellenangabe: Greve, Dieter: Flurnamenatlas für das südliche Westmecklenburg. Band IV. Amt und Stadt Zarrentin (ohne die Gemeinde Vellahn), Schwerin 2011